Von Pfarrer Jonathan Bergau

Neulich im Schwimmbad: Ich lasse meinen Blick über das Freibad schweifen. Am Sprungturm ist einiges los. Einige Jugendlichen zeigen gewagte Sprünge und ziehen damit nicht nur meine Aufmerksamkeit auf sich. Eine Gruppe jüngerer Kinder möchte nun auch springen und sie stellen sich an. Ich merke, dass eines von ihnen zögert. Ein Junge gibt einer Person nach der anderen den Vortritt an der Leiter, schließlich steigt er zögernd selbst nach oben. Nur langsam geht er auf dem Brett nach vorn. Die Angst ist dem Jungen förmlich anzusehen. 

Aus der Reihe der Wartenden höre ich Rufe: „Nun spring endlich, du Feigling, oder geh wieder runter!“, „Spring oder lass es! Halte nicht den Verkehr auf!“ Plötzlich tritt der Bademeister dazu. Leise spricht er den Jungen mit Namen an: „Ich weiß, dass du das schaffst, ich kenne dich! Höre nicht auf die anderen, höre auf mich! Schau nicht nach unten, schau zum Himmel und spring!“ – Mit lautem Platschen landet der Junge im Becken und schwimmt mit breitem Grinsen im Gesicht wieder zum Beckenrand, um sich gleich wieder anzustellen.

Ich komme ins Nachdenken. Mir kommen meine Sorgen und Herausforderungen in den Sinn. Manchmal scheinen sie unüberwindlich. Ich höre die Stimmen, die mir den Mut nehmen wollen. Ich spüre die Angst. Wie ein Flüstern kommen mir die Worte des 121. Psalms in den Sinn: „Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen. Woher kommt mir Hilfe? Meine Hilfe kommt vom Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat. Er wird deinen Fuß nicht gleiten lassen, und der dich behütet, schläft nicht.“ Ich möchte mir ein Bespiel an dem kleinen Jungen nehmen. Ich will mich trauen und springen und dabei meinen Blick nach oben richten. Das wünsche ich für mich und auch für Sie. Bleiben Sie behütet Ihr Pfr. Jonathan Bergau.

Jonathan Bergau ist Pfarrer im Kirchspiel Oedelsheim für die Kirchengemeinden Heisebeck-Arenborn, Gieselwerder und Oedelsheim.