
10/10/2025 0 Kommentare
Beispiel des Glaubens
Beispiel des Glaubens
# Zum Weiterdenken

Beispiel des Glaubens
Von Günther Dreisbach

Zu seinem 90. Geburtstag hatte der Posaunenchor die Instrumente herausgeholt. Der alte Seilermeister hatte schließlich 1925 den Posaunenchor mitgegründet. Trutzig und trotzig hatte er auch in der NS-Zeit sein Horn genommen und vom Kirchturm Choräle geblasen, Gott zur Ehre. Als er mir das einmal erzählte, war ich tief bewegt. Sein Glau-bensmut war ansteckend.
Die Freude schien ihm an jenem sonnigen Septembertag ins Gesicht geschrieben. Der Posaunenchor spielte auf dem Marktplatz »Bis hierher hat mich Gott gebracht«, den Lieblingschoral von Ludwig Winter. Das war s e i n Lied. Das war s e i n Glaube, wie er mir erzählte. Immer mehr Menschen versammelten sich auf dem Marktplatz, um zu-zuhören.
Als der Posaunenchor fertig war mit Spielen, trat der Jubilar an das Geländer des kleinen Podestes vor seinem Haus und zitierte auswendig und inwendig die zweite Strophe des Chorals: »Hab Lob und Ehr, hab Preis und Dank / für die bisher’ge Treue, / die du, o Gott, mir lebenslang / bewiesen täglich neue. / In mein Gedächtnis schreib ich an: / Der Herr hat Großes mir getan, / bis hierher mir geholfen.«
Das war Bekenntnis pur. Das war Verkündigung des Evangeliums de luxe, mutig, wie damals in der schlimmen Zeit. Mutig und glaubwürdig. Ein Beispiel eines geerdeten Menschen, der den geöffneten Himmel sieht, auf den er wartet. Er ist inzwischen selig vollendet. Aber sein Handwerk lebt fort – auch am Beginn der neuen Woche, am Sonn-tag, in »Winters Scheune« - und sein tiefer Glaube bleibt beispielhaft. Für mich. Und für Sie, liebe Leserin, lieber Leser?
Kirchenrat Günther Dreisbach ist Prädikant im Kirchenkreis Hofgeismar-Wolfhagen.
Kommentare