Behaltet das Gute

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# Zum Weiterdenken

Behaltet das Gute

Von Pfarrer Jens Holstein 

„Gedenktage machen Trauer sichtbar“, so lautete der Leitartikel in dieser Zeitung am vergangenen Samstag. Morgen ist nun der letzte Tag des Totengedenkens im November. Mancher nimmt das zum Anlass, auf den Friedhof zu gehen, um dort an einen geliebten Menschen zu denken. Andere haben zuhause ihr kleines Ritual, um ihrer Trauer einen Ort zu geben.

So wichtig solche Rituale sind, bedarf es aber auch des konkreten Erinnerns. Wer war der Mensch, den ich verloren habe? Ein altes Sprichwort sagt, dass wenn man über Tode spricht, nur Gutes sagen soll. Dem möchte ich nicht zustimmen. Zumal das nicht ehrlich wäre. Menschen habe positive und weniger angenehme Eigenschaften. Es ist nicht immer allein der Verlust, der schmerzt. Manchmal ist da in der Trauer auch der Schmerz von Verletzungen. Beziehungen sind zu Lebzeiten nicht immer harmonisch. Oft war da viel ungelebtes Leben oder sind Chancen zu gelungenen Beziehungen nicht genutzt worden. Eine ehrliche Bilanz in der Trauer schließt auch diese Betrachtung mit ein.

Trauer und Gedenken sind immer auch die Suche nach Frieden und Versöhnung mit dem, was zu Lebezeiten unversöhnlich geblieben ist. Einen Weg dahin weist die Jahreslosung für dieses Jahr: „Prüft alles und behaltet das Gute.“

Wenn wir in unserer Trauer die Fülle des Lebens mit Sonnen- und Schattenseiten prüfen, dann können wir hoffen, dass wir Frieden finden. Denn wir können das Schmerzliche hinter uns lassen und das Gute tatsächlich für uns bewahren. Und zugleich werden wir darin ermuntert, das Gute nicht allein zu bewahren, sondern hier und jetzt zu leben.


Jens Holstein ist Klinikpfarrer in Bad Emstal-Merxhausen.

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