
01/08/2025 0 Kommentare
Warten im Wartezimmer
Warten im Wartezimmer
# Zum Weiterdenken

Warten im Wartezimmer
Von Günther Dreisbach

Da sitze ich im Wartezimmer und warte. Was soll ich tun? Alszus mit dem Handy »spielen« - ist irgendwie langweilig und auch ein bisschen unhöflich. Und außerdem: schlecht für die Daumen. Wenn der Arzt das sieht, wird er mir’s wohl sagen. Gespräche mit Mitkranken? Geht manchmal. Aber meist gehen doch alle ihren eigenen Gedanken nach.
Ich habe mir überlegt: Man könnte doch ein Wartezimmer zu einem privaten Gebetsraum machen. Man könnte für die Mitwartenden beten. Und für die Ärztin oder den Arzt und all die freundlichen Damen, die den Betrieb aufrechterhalten. Ich finde, das wäre doch mal eine sinnvolle Beschäftigung, und vor allem eine sinnvolle Aufgabe. Die kommt doch bestimmt gut an – vor allem, und das ist das Wichtigste: beim Gebetsempfänger, bei Gott. Nein, man muss das Beten nicht sichtbar machen, mit gefalteten Händen und Kreuzschlagen, je nach Konfession. Kann man natürlich, muss man aber nicht.
Beten ist ja ein Gespräch mit Gott. Und für einen anderen Menschen zu beten, gefällt Gott. Und wenn jemand fragt: Warum bist du so ruhig? Warum sagst du nichts?, kann man doch raus mit der Sprache kommen und sagen, was man tut. Das kann dann zum – hoffentlich nicht abfälligen, sondern dankbaren - Lächeln führen, vielleicht aber auch zum Gespräch über das Beten. Auf jeden Fall gefällt es Gott. Ich will es mal versuchen. Und ich glaube: Eine schönere Beschäftigung gibt es gar nicht im Wartezimmer.
Und außerdem: Je nach Krankenlage ist doch auch angebracht, seine eigene Not vor Gott zu bringen. Gott hört unser stilles und unser lautes Gebet. Und man darf gespannt sein, wie er reagiert.
Kirchenrat Günther Dreisbach ist Prädikant im Kirchenkreis Hofgeismar-Wolfhagen.
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